„Meine erste Wohnung war richtig hässlich”
Gerald Hörhan

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Es war die Woche des „Immo-Punks“: Am Dienstag stellte Gerald Hörhan, dessen Trademark die Punk-Frisur, ein „Fuck“-T-Shirt und Doc-Marten-Boots sind, sein neues Buch in Wien vor. Am Donnerstag dann in seiner „Immobilien-Heimat“ Frankfurt. „Es waren tolle Partys“, erzählt er, als wir am Freitagnachmittag telefonieren. „Beide Male 200 geladene Gäste, alle Bücher ausverkauft, ich habe jeweils drei Stunden lang signiert.“ „Der Einzimmer-Millionär“ führt derzeit die Bestsellerlisten auf Amazon an. Untertitel: „Wie du gar nicht verhindern kannst reich zu werden“. Während unseres Interviews wird Hörhan gerade von Frankfurt nach Karlsruhe chauffiert, wo er einen Vortrag halten wird. Davor besichtigte er drei Mehrfamilienhäuser, danach hat er noch ein Dinner mit einem Immobilienmakler.

Herr Hörhan, auf dem Foto, das wir hier sehen, sitzen Sie neben Türmen von Goldbarren auf einem Thron. Was wollen Sie uns damit sagen?
Das haben wir in einem kleinen, hässlichen Loch geschossen. Da alle meine Wohnungen vermietet waren, hat mir ein Teilnehmer meiner Investmentpunk-Academy seine Einzimmerwohnung zur Verfügung gestellt, die er gerade als Anlageobjekt gekauft hatte. Das Foto soll genau das ausdrücken, was auch in meinem Buch steht: Mit kleinen Löchern kannst du reich werden. Auf dem goldenen Thron zu sitzen, heißt aber nicht, dass du fliegen kannst. Man muss immer mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben, sonst geht das Ganze schief.

In Ihrem neuen Buch versprechen Sie den Leuten, dass sie es gar nicht verhindern werden können, Millionär zu werden. Wie können Sie so was versprechen?
Ich verspreche es unter einer Bedingung, nämlich, dass sie keine großen Dummheiten machen.

Welche Dummheiten wären das?
Eigenheim auf Pump in der Pampa, Konsumschulden, teure Affären, Scheidung, teure Leasingautos und jede Art von Sucht.

Armut ist für Sie keine „Dummheit“?
Es gibt immer Ausnahmefälle. Eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern, der Kindsvater zahlt nicht. Ein Mensch, der schwer krank wird oder ein schweres Schicksal hat und nicht mehr arbeiten kann. Aber in den meisten Fällen ist Wohlstand so wie auch das Gegenteil eine Frage der Einstellung. Man muss fleißig und tüchtig sein, dann geht’s. Wenn ich mich bereits am Anfang meiner Karriere tief verschulde für ein Eigenheim, anstatt zur Miete zu wohnen, wenn mir die Work-Life-Balance wichtiger ist und ich lieber weniger arbeite, als Überstunden zu machen, dann wird es nicht gehen.

Womit wir bei Ihrem Erfolgsprinzip wären: dem Kauf von Einzimmerwohnungen, die Sie gerne „hässliche kleine Löcher“ nennen. Sie behaupten, dass sich jeder 20.000 Euro pro Jahr zurücklegen kann. Aber das stimmt einfach nicht.
Das hängt davon ab. Wenn ich etwas lerne, wo man viel verdient, wenn ich eine Branche wähle, in der die Nachfrage groß ist, dann geht das sehr wohl. Ich kenne einen Lehrer aus Mannheim, der 17 Wohnungen hat, und einen Polizisten aus Graz, der acht Wohnungen besitzt. Das sind ganz normale Leute, die nicht über ihre Verhältnisse leben und sich so etwas Bleibendes schaffen.

Viele normale Leute bekommen von ihrer Bank keinen Kredit mehr, und die Zinsen sind hoch. Versprechen Sie da nicht zu viel?
Für eine Anlegerwohnung bekommt ein Polizist oder Lehrer sofort einen Kredit. Sagen wir, die Wohnung kostet 100.000 Euro, dafür bekommt er 5000 Euro netto Kaltmiete pro Jahr. Er hat auch steuerliche Vorteile, wenn er die Wohnung saniert. Und wenn die Wohnungen abbezahlt sind und es Richtung Ruhestand geht, dann ist er Millionär und hat eine steuereffiziente und inflationsgeschützte Altersabsicherung. Dafür muss er nur zehn Jahre lang jedes Jahr so eine Wohnung kaufen.

Sie haben offenbar wenig Dummheiten gemacht, denn Sie besitzen heute zig Wohnungen. Wie viele genau?
Derzeit habe ich 225 Wohneinheiten, bald werden es 235 oder sogar 240 sein, dazu kommen noch 100 Stellplätze.

Wie lange wollen Sie das noch machen?
Wenn der Markt attraktiv ist, kaufe ich weiter. Jetzt ist ein sehr, sehr guter Zeitpunkt, weil die Immobilienpreise stark gefallen sind.

Aber nicht in Wien.
Auch in Wien gibt’s vereinzelt Einzimmerwohnungen um 100.000 Euro. Ein Teilnehmer unserer Masterclass hat gerade eine in Favoriten gekauft. Da muss er nur Kleinigkeiten investieren, dann hat er 500 Euro Nettomiete.

Würden Sie selber in so einem „kleinen, hässlichen Loch“ wohnen wollen? Am Anfang meiner Karriere habe ich in genau solchen Wohnungen gelebt.
Egal ob in New York, Frankfurt oder Wien. Meine erste Wohnung hatte einen grauen Teppichboden und ein olivgrünes Bad, wirklich hässlich! Das Stiegenhaus war blaugrau, die Stiegen waren aus Linoleum. Die haben schon damals viel Miete gekostet. Heute lebe ich auf 150 Quadratmetern im Zentrum von Wien.

Luxuriös?
Die Lage ist sicher luxuriös, die Einrichtung nicht. Da stehen auch Ikea-Möbel drin. Teure Sofas sind sinnlos, wenn man Kinder hat oder Hunde. Ich habe Leute, die viel Geld für teure Sofas oder teure Küchen ausgeben, nie verstanden.

Ihr Luxus sind eher Autos. Macht es Sinn, in Zeiten der Klimakrise mit einem 300 PS starken Aston Martin durch die Gegend zu cruisen?
Er hat sogar 560 PS. Aber ich fahre nicht allzu viel mit dem Aston Martin. Mein Hauptfahrzeug ist ein Tesla, der hat auch viele PS. Ob er als Elektroauto wirklich umweltschonend ist, darüber könnten wir sicherlich lang diskutieren. Ich fahre übrigens auch viel mit dem Zug.

 

 


 

Wofür lohnt es sich eigentlich, reich zu sein?
Für die Freiheit. Wenn ich reich bin, kann ich machen, was ich will. Ich brauche niemandem nachkriechen, ich muss keinem Bericht erstatten, ich kann mir meine Zeit einteilen, ich kann jene Projekte machen, die ich mir wünsche, und zu Kunden, die mühsam sind, auch sagen: „Nein, danke!“ oder „Fuck you!“ Letzteres sage ich nur zu richtigen Arschlöchern. Generell bin ich ein freundlicher Mensch, der anderen positiv begegnet, inklusive meinen Mietern.

Aber macht Geld wirklich glücklich?
Ja! Außer man verschwendet es und landet im Luxus-Hamsterrad. Viele Leute, die zu Geld kommen, machen den Fehler, sich dann Villen anzuschaffen, teure Affären oder eine Fußballpräsidentschaft. Und schon sind sie wieder versklavt.

Sie haben einen achtjährigen Sohn. Was geben Sie ihm mit, außer viel Geld?
Er heißt David und wir sind so richtige „partners in crime“. Ob ich ihm das viele Geld gebe, weiß ich noch gar nicht. Ich habe ihm gesagt, wenn du faul bist, fährst du Dacia oder Schubkarre!

Und wenn er fleißig ist, einen Aston Martin?
(Lacht.) Es sind andere Werte, die ich ihm vermittle.

Welche?
Erstens: Bleib gesund. Zweitens: Sei ehrlich. Als er letztens beim Monopoly-Spielen schwindeln wollte, hab ich ihm das Handy weggenommen und zwei Tage lang nicht mehr Monopoly mit ihm gespielt. Drittens: Schöpfe dein volles Potenzial aus, wofür immer es auch sein möge. Und viertens: Get fucking rich! In dieser Reihenfolge.

Dürfte er auch Klimakleber werden und eine Work-Life-Balance anstreben?
Ich kann es nicht verhindern, aber ich würde ihm die Konsequenzen vor Augen führen. Für mich sind die Handlungen der Klimakleber teilweise kriminell, das ist zumindest Sachbeschädigung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Manche fliegen anschließend sogar auf Urlaub nach Mexiko, statt einen Baum zu pflanzen oder eben Dinge zu machen, die dem Klima wirklich helfen. Sie könnten zum Beispiel Unternehmen aufbauen, die Häuser effizient sanieren oder CO2 aus der Luft rausholen. Das Thema Wetterextreme kann man nicht durch Verbote lösen, sondern nur mit technischem Fortschritt und Unternehmertum.

Was sagen Sie zu Bablers Plänen, die 32-Stunden-Woche und eine Erbschaftssteuer einzuführen?
Von beidem halte ich nichts. Wenn niemand mehr arbeiten will, dann gehen wir von einer Überflusswirtschaft in eine Mangelwirtschaft. Diese Entwicklung sieht man jetzt schon. Viele Restaurants haben oft zu, der Service in Hotels schwindet, in Berlin muss man auf eine Wohnung schon wie zu DDR-Zeiten warten. Steuerberater lehnen Kunden ab, weil sie kein Personal mehr haben, und im Krankenhaus müssen die Leute auf ihre Behandlung monatelang warten, weil es an Ärzten und Pflegekräften fehlt. Der Wohlstand sinkt. Dasselbe gilt für die Millionärssteuer. Babler will den Kuchen anders verteilen und vergisst, dass dadurch der Kuchen nur kleiner wird. Er sollte sich überlegen, wie er den Kuchen größer macht, um das Sozialsystem und die Klimawende finanzieren zu können. Wenn er das alles umsetzt, wäre es definitiv zum substanziellen Schaden des Landes, dann würde ich ernsthaft in Erwägung ziehen, nach Deutschland zu gehen. Ich kenne viele andere Leute, die das auch machen würden.

Noch zwei finanztechnische Fragen. Werden die Zinsen weiter steigen?
Ich denke, die variablen Zinsen könnten noch leicht steigen, aber sie erreichen langsam ein Plateau. Auf diesem Plateau werden sie mit kleineren Abweichungen länger bleiben. Das nächste Jahrzehnt wird man mit höheren Zinsen leben müssen. Die Nullzinspolitik werden wir nicht so schnell zurückbekommen, außer wir stürzen in eine große Finanzkrise. Im historischen Vergleich sind sie aber gar nicht allzu hoch, sondern eher Standard. Als ich meine Immobilienkarriere begonnen habe, lagen die Fixzinsen für Kredite bei fünf Prozent, auch damals gab es einen Immobilienmarkt und die Welt ist nicht zusammengebrochen.

Nachdem Sie auch in Krypto investieren: Wie hoch wird der Bitcoin noch steigen?
Der Bitcoin ist eine Rakete, aber manche Raketen stürzen auch ab. Eine Vorhersage kann ich natürlich nicht treffen, aber Bitcoin hat sicherlich das Potenzial, auf 100.000 und mehr zu gehen. Es hängt von vielen Faktoren ab. Aber Tatsache ist, dass Bitcoin heute eine Art Weltwährung ist.

Wird der digitale Euro auch eine Weltwährung werden?
Das hängt von den Zentralbanken ab. Wenn die das pushen und der Bevölkerung den Sinn plausibel machen können, dann ja.

Ihre Trademark ist eine Punkfrisur, dazu tragen Sie Boots und eine Lederjacke. Werden Sie nicht irgendwann zu alt für diesen Look?
Wieso? Das ist mein Markenzeichen und mir gefällt’s. Außerdem ist es praktisch. Ich bin bei Immobilienbesichtigungen schon öfters in den Kellern im Wasser gestanden. Da sind Boots nicht das Schlechteste. Ich gehe so auch zur Bank.

Werden Sie oft schräg angeschaut?
Manchmal ja. Ich sage dann gerne: Machen wir doch einen Vergleich unserer Immobilien- und Krypo-Portfolios, dann schauen wir, wer die Hosen anhat. (Kichert.)

Tut es Ihnen weh, wenn Sie so wie bei Stermann und Grissemann im ORF verspottet werden?
Das gehört dazu, für mich war das kostenlose PR. Wer in der Öffentlichkeit steht und kontroversiell ist, hat Fans und Hater. Viel schlimmer ist es, gar keine Aufmerksamkeit zu bekommen, denn dann wirst du irrelevant. Insofern können sie mich gerne schräg und böse und verrückt finden.

Spenden Sie als Multimillionär eigentlich auch etwas von Ihrem vielen Geld an Menschen, denen es nicht so gut geht wie Ihnen?
Habe ich schon gemacht. Ich vergebe auch Stipendien an Menschen, die viel Potenzial und wenig Geld haben. Sie können meine Programme nutzen und lernen, sich ein Unternehmen aufzubauen und erfolgreich zu sein.

Sie sind jetzt 48. Wo sehen Sie sich mit 60?
Weiterhin hochaktiv. Die Investmentpunk-Academy ist viel größer, das Immobilien-Portfolio auch. Vielleicht habe ich dann eine Privat-Uni, an der ich liberalen Zukunftskapitalismus lehre. Und einen Investment-Punk-Tower. Das wäre ein schönes Statement.

24. September 2023, erschienen in der KRONE